Brief von Roman Koidl – die tägliche Kolumne im BLICK (CH) Liebe Freunde, offenbar gehöre ich zu den Letzten, die sich noch verbindlich verabreden. Nächste Woche, Mittwoch, um 14 Uhr? Trage ich mir ein, alles klar! Ob Regen oder Schnee, um 14 Uhr stehe ich dann da. Damit gehöre ich zu den Auslaufmodellen der Verlässlichkeit. Zur letzten Generation, die privat noch feste Termine macht. Anerzogen, weil man früher kein Telefon dabeihatte. An Unpünktlichkeit sind Liebesgeschichten zerbrochen, Nichterscheinen war ein Quell an Missverständnissen und Telefonzellen Inseln der Rettung. Heute läuft das anders. Sohn: «Mami, holst du mich nach dem Sport ab?» Mutter: «Ja, wann denn, um 11 Uhr?» Sohn: «Weiss nicht, schick dir dann ein SMS.» Mutter: «Gehts nicht genauer? Ich kann doch nicht den ganzen Vormittag auf Abruf warten.» Sohn: «Ne, lass mal, ich melde mich dann.» Das ist moderne Degeneration: die Mutter als erweitertes Endgerät, mit vier Rädern und einem Otto-Motor. Grüsse vom Fortschritt, Roman Maria Koidl