Brief von Roman Koidl – die tägliche Kolumne im BLICK (CH)
Lieber Adventskalender,
Überraschungen sind Dein Geschäft. Das hast Du mit Profis aus der Medienbranche gemein. Wer länger nichts Überraschendes vermeldet hat, der schreibt eine Autobiografie. Hat weniger mit automobiler Fortbewegung zu tun als mit autistischer Rückblende, aber wir schweifen ab. Was die postnatale Medien-Jugend heutzutage mit einem Selbstporträt bei Twitter erledigt, elaborieren die Experten der prämortalen Nabelschau auf 240 Seiten. Nun gibt es zwei Sorten von Biografien: Solche, die sich, also ihrem Protagonisten vollauf genügen, und solche, die zur Anreicherung Überraschendes über Dritte berichten müssen. Also über jene, die zufällig im Leben des Autoschreibers so auftauchten. Man kennt das aus schlechten Filmen: Die Nebenrolle gewinnt den Oscar. Der Rest ist meist ein Roadmovie durch die Steppe des verlassenen Selbst.
Grüsse vom Pannenfahrzeug,
Roman Maria Koidl